So viele Tage meines Lebens sind einfach verstrichen. Tage an denen ich mir gewünscht habe, dass sie schnell vergehen, weil mein Kater so groß war und ich einfach nur müde.
Das Schönste am Nüchternsein ist, dass ich gar nicht mehr den Wunsch habe, schnell durch den Tag zu kommen, damit es mir wieder besser geht. Weil es mir jeden Tag gut geht. Ich habe so viele Dinge auf später verschoben, auf Tage, an denen ich wieder fitter bin. Zum Beispiel mit meinen Kindern spielen. Wer welche hat, weiß genau, was ich meine. Katertage mit Kindern haben ein ganz anderes Gewicht als ohne. Das frühe Aufstehen, funktionieren müssen und die Kinder unterhalten. Das alles fällt einfach schwer, wenn der Kater voll zuschlägt. Aber nicht nur die Tage nach dem Kater, sondern auch die Stunden während des Trinkens. Wie oft bin ich mit meinem Mann noch länger irgendwo gesessen, habe meine Kinder von anderen ins Bett bringen lassen, weil es eben "so lustig" war. Nur um es am nächsten Tag zu bereuen.
Wie oft habe ich meinen Sport vernachlässigt, obwohl ich es liebe, meinen Körper zu bewegen und Veränderungen zu spüren. Durch den Alkohol war das kaum möglich, denn sobald sich der erste Erfolg einstellte, griff ich wieder zum Glas Wein. Die Lust auf Sport war weg und es dauerte Tage, bis sie wieder zurückkam. Es sei denn, ich trank schon nach drei oder vier Tagen wieder Alkohol, dann dauerte es manchmal Wochen. Abgesehen vom ungesunden Essen nach den Katertagen. Die ganze hart erarbeitete Fitness war nach ein paar Tagen Trinken weg. Und ich fing immer wieder von vorne an. Zwei, drei Kilo zugenommen, wieder mühsam abgenommen, um dann wieder von vorne anzufangen. Macht das stark? Definitiv nicht! Macht es selbstbewusster? Auf keinen Fall! Ganz im Gegenteil. Ich fühlte mich von Jahr zu Jahr schlechter. Vor allem, je älter ich werde, desto schwerer fällt es mir, abzunehmen. Und der Sport gibt mir so viel. Ich spüre meine Glücksgefühle danach, meine Energie steigt und ich bin stolz auf meine Erfolge. Ich sehe sogar von Mal zu Mal Erfolge und das gibt mir so viel mehr. Trotzdem habe ich dieses Hochgefühl immer wieder eingetauscht. Eingetauscht gegen eine Illusion, die sich nach ein paar Tagen ohne Alkohol einstellte. Eine Stimme, die mir sagte, wie lustig der Abend werden würde, wenn ich nur ein paar Gläser Wein trinken würde. Aber die Gefühle danach wurden immer schlimmer. Ich hatte immer mehr Gewissensbisse und die depressiven Phasen wurden immer länger. Die hatte ich auch nur, wenn ich Alkohol getrunken hatte. Wenn ich diesen wegließ, wurde die Stimmung besser und das blieb so. Natürlich gibt es Zeiten, in denen ich traurig bin oder etwas nicht so gut läuft, aber meine Reaktion und meine Gefühle sind ganz anders als zu der Zeit, als ich Alkohol getrunken habe.
Alkohol raubt uns einfach alle natürlichen Glücksgefühle und die traurigen Phasen werden immer länger. Vor allem die Tage nach exzessivem Alkoholmissbrauch. Ist es das wirklich wert? Unser natürliches Glück, das wir jeden Tag hätten, gegen dieses Gift einzutauschen? Ich sage nein! Denn es gibt so viel mehr, wenn wir aufhören zu trinken. Und der Spaß und die Freude kommen stark zurück. Stärker, als du es dir vielleicht vorstellen kannst. Aber dafür ist es wichtig, erst einmal zu lernen, nüchtern zu leben. Denn das ist ein Lernprozess. Wir haben uns ja auch daran gewöhnt, alle Aktivitäten mit Alkohol zu erleben. Also müssen wir auch wieder lernen, alle Aktivitäten nüchtern zu erleben und vor allem zu genießen.
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