Heute Abend findet im Golfclub eine Veranstaltung statt. Es wird gegessen, getrunken und gefeiert. Wein, Bier, Champagner und Cocktails soweit das Auge reicht. Alles umsonst, den ganzen Abend. Passend zu diesem Event meldet sich natürlich meine Suchtstimme leise zurück: "Wie wär's heute Abend? heute Abend mit einem Gläschen kaltem Rosé und etwas Champagner zum Anstoßen? Willst du wirklich die Einzige sein, die nichts trinkt?!!! Wie langweilig. Du könntest so viel mehr Spaß haben. Es muss ja nicht viel sein..."
Aber was würde passieren, wenn ich dieser Stimme nachgäbe (was ich natürlich nicht tun werde)? Die ersten 20 Minuten wäre ich entspannter als ohne Alkohol. Ich würde mich wahrscheinlich schneller auf Gespräche einlassen. Aber nach etwa einer Stunde und bestimmt nach dem dritten Glas Wein würde ich lauter werden. Ich würde meinen Tischnachbarn viel zu viele intime Details erzählen, was ich am nächsten Tag sehr bereuen würde. Ich würde schlechter zuhören und in den Erzählmodus wechseln. Es gäbe kein Halten mehr. Natürlich wäre ich eine der ersten auf der Tanzfläche (ohne Alkohol dauert es vielleicht 20 Minuten länger, bis ich das Tanzbein schwinge) und dann gäbe es kein Halten mehr. Meine Kinder würden wahrscheinlich um Mitternacht aufwachen und Mama vermissen. Das Au-Pair müsste sie beruhigen und ich käme gegen 1 Uhr nachts nach Hause. Nach Alkohol stinkend und viel zu laut.
Aber der nächste Tag wäre schrecklich. Ein fahles Gefühl im Mund, mein Sohn weckt mich um 5 Uhr. Viel zu früh nach so einem Rausch. Ich hätte noch viel Alkohol im Blut und das Aufstehen würde mir mehr als schwer fallen. Mir wäre schwindelig und übel und ich hätte überhaupt keine Lust auf diesen sonnigen Sonntag. Schon gar nicht auf die Bespaßung der Kinder. Ich wäre schlecht gelaunt und schnell auf 180. Das würde sich auch bis Dienstag nicht bessern. Denn dann würde ich mich auch sehr über mich selbst ärgern. Montag Sport? Keine Chance. .... Die nächsten Tage wird nichts gemacht. Stattdessen werde ich Nudeln und fettiges Essen in mich hineinstopfen und über mich selbst jammern...
Aber so wird es nicht sein. Denn ich bestelle mir eine große Karaffe Wasser mit frischer Zitrone. Ich sehe umwerfend aus. Ich habe große Augen, keine roten Wangen (die bei mir sehr schnell kommen) und einen frischen Duft, der bis zum Schlafengehen anhält. Ich verwickle mich in Gespräche, eloquent und wortgewandt. Ich höre zu - wirklich. Am nächsten Tag bereue ich nichts, was ich gesagt oder getan habe. Ich erinnere mich an Namen und Gespräche. Ich tanze mit meinem Partner, ohne zu stolpern oder mich mit Wein zu bespritzen. Denn ich brauche kein Glas in der Hand, wenn ich tanze. Nicht, wenn ich nüchtern bin.
Um 22.30 Uhr komme ich nach Hause. Meine Kinder schlafen noch und ich lege mich ruhig neben sie. Mit frisch geputzten Zähnen, abgeschminkt und ruhig. Was für ein wundervolles Gefühl.
Am nächsten Morgen weckt mich mein Sohn um 5 Uhr. Müde, aber schnell wieder fit, folge ich ihm ins Wohnzimmer. Ich mache ihm eine heiße Schokolade und mir einen Matcha. Wir sitzen zusammen auf dem Sofa, lesen ein Buch und warten darauf, dass der Rest der Familie aufwacht, um in den Tag zu starten. Ich freue mich auf den Tag. Die Sonne geht auf und bald werden wir in den See springen. Morgens ist es am schönsten, das Wasser ist ruhig und die Berge erstrahlen im Licht. Ich bin den ganzen Tag fit und freue mich auf die Aktivitäten mit den Kindern. Das alles würde nicht passieren, wenn ich der Stimme in meinem Kopf folgen würde. Und es wird auch nicht passieren. Denn das Leben ist so viel schöner und leichter ohne den Rausch. Der geht schnell vorbei, aber die Folgen bleiben länger.
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